Der Fluch des Eunuchen I.Kapitel/7.Abschnitt
I. Kapitel/7.Abschnitt
Edirne im Sommer 1444
Da bei der Geschwindigkeit eine Unterhaltung unmöglich war, dachte die kaiserliche Majestät einen Augenblick an das Haus der Glückseligkeit allgemein und an die Worte Bilâls insbesondere. Das Paradies allerdings lag unter den Füßen der valide sultan, der Sultaninmutter. Es war also beileibe nicht so einfach, den streng überwachten Beischlaf-Terminplan der zu überlisten. Spontanität war nahezu ausgeschlossen, und es bedurfte schon einer ausgefeilten Konspiration mit dem Kislar Ağa, außerhalb dieses Planes die eine oder andere Konkubine zu beglücken. Am liebsten aber beobachtete der Sultan seine Herzensdamen hinter vergitterten Gucklöchern. Denn sobald er auftauchte, war jeder unbefangene Liebreiz dahin - die silberbeschlagenen Nagelschuhe, die der Sultan bei Betreten seines Harems tragen musste, alarmierten die Dienerinnen, auf dass sie rechtzeitig in ihren Unterkünften verschwinden, und die Herzensdamen, auf dass sie sich penetrant in den Vordergrund schieben konnten.
Kurz vor der Einmündung der Tunça in die Maritza zügelte der Sultan sein Pferd. Die Tiere schäumten bereits. Bei dieser Hitze war das kein Wunder.
„Die Maritza führt noch genug Wasser für die Schiffe", hob der Sultan an. „Wir hätten die Lagerhallen auf dieser Seite des Flusses bauen sollen. Die Tunça hingegen ist jetzt zu flach, sodass wir das Getreide auf Ochsenkarren laden müssen, um es in die Speicher zu bringen."
„Gewiss, mein Padischah. Die Lagerhallen reichen ohnehin nicht mehr aus. Edirne wächst zu schnell. Bauen wir auf dieser Seite neue Hallen."
Die beiden Männer waren nun abgestiegen. Sie führten die Pferde ein wenig, um sie zu beruhigen. Als ihr Atem nicht mehr ganz so stoßhaft ging, liefen sie hinunter zum Fluss und ließen sie saufen.
„Du hast Recht damit, dass die Stute ebenbürtig zu Bayaad
ist.", sagte der Sultan.
„Es wäre mir eine besondere Freude, wenn Eure kaiserliche Majestät das Pferd als Zeichen meiner Hochachtung als Geschenk annehmen würde." Çandarlı Halil deutete eine Verbeugung an. Er war sich im Klaren, dass die Feststellung der Ebenbürtigkeit der beiden Rösser einen ausführlicheren Dank vorausgenommen hatte.
Nichts anderes hatte Murat erwartet. Längst hatte er die periodischen Darreichungen seines Großwesirs fest in seine Berechnungen eingezogen.
„Und den Sattel?" fragte er.
„Den habe ich diesem Pferd extra anmessen lassen. Für die besondere Ausgefallenheit wurden rote Rubine und blaue Saphire aus den Minen des fernen Myanmar verarbeitet. Ich hoffe, auch der Reitsitz findet die Zustimmung meines Padischahs."
Sie führten die Pferde wieder über die Uferböschung hinauf auf den ausgetretenen staubigen Weg, den sie gekommen waren, und saßen auf. Die Pferde waren jetzt ruhiger geworden, und sie ritten im Schritt eine Zeit nebeneinander.
„Du hältst nichts von meiner Entscheidung, Mehmet auf den Thron zu setzen", stellte Murat übergangslos fest.
Çandarlı Halil kannte seinen Sultan zu genau, um zu widersprechen. Es hätte auch nichts genützt, war sich die Majestät allemal treu geblieben, die Meinung des Padischahs und Kalifen durchzusetzen.
„Nie könnte ich so vermessen sein", hörte sich der Großwesir sagen, „mich der erhabenen Weisheit meines Padischahs zu verschließen."
Edirne im Sommer 1444
Da bei der Geschwindigkeit eine Unterhaltung unmöglich war, dachte die kaiserliche Majestät einen Augenblick an das Haus der Glückseligkeit allgemein und an die Worte Bilâls insbesondere. Das Paradies allerdings lag unter den Füßen der valide sultan, der Sultaninmutter. Es war also beileibe nicht so einfach, den streng überwachten Beischlaf-Terminplan der zu überlisten. Spontanität war nahezu ausgeschlossen, und es bedurfte schon einer ausgefeilten Konspiration mit dem Kislar Ağa, außerhalb dieses Planes die eine oder andere Konkubine zu beglücken. Am liebsten aber beobachtete der Sultan seine Herzensdamen hinter vergitterten Gucklöchern. Denn sobald er auftauchte, war jeder unbefangene Liebreiz dahin - die silberbeschlagenen Nagelschuhe, die der Sultan bei Betreten seines Harems tragen musste, alarmierten die Dienerinnen, auf dass sie rechtzeitig in ihren Unterkünften verschwinden, und die Herzensdamen, auf dass sie sich penetrant in den Vordergrund schieben konnten.
Kurz vor der Einmündung der Tunça in die Maritza zügelte der Sultan sein Pferd. Die Tiere schäumten bereits. Bei dieser Hitze war das kein Wunder.
„Die Maritza führt noch genug Wasser für die Schiffe", hob der Sultan an. „Wir hätten die Lagerhallen auf dieser Seite des Flusses bauen sollen. Die Tunça hingegen ist jetzt zu flach, sodass wir das Getreide auf Ochsenkarren laden müssen, um es in die Speicher zu bringen."
„Gewiss, mein Padischah. Die Lagerhallen reichen ohnehin nicht mehr aus. Edirne wächst zu schnell. Bauen wir auf dieser Seite neue Hallen."
Die beiden Männer waren nun abgestiegen. Sie führten die Pferde ein wenig, um sie zu beruhigen. Als ihr Atem nicht mehr ganz so stoßhaft ging, liefen sie hinunter zum Fluss und ließen sie saufen.
„Du hast Recht damit, dass die Stute ebenbürtig zu Bayaad
ist.", sagte der Sultan.
„Es wäre mir eine besondere Freude, wenn Eure kaiserliche Majestät das Pferd als Zeichen meiner Hochachtung als Geschenk annehmen würde." Çandarlı Halil deutete eine Verbeugung an. Er war sich im Klaren, dass die Feststellung der Ebenbürtigkeit der beiden Rösser einen ausführlicheren Dank vorausgenommen hatte.
Nichts anderes hatte Murat erwartet. Längst hatte er die periodischen Darreichungen seines Großwesirs fest in seine Berechnungen eingezogen.
„Und den Sattel?" fragte er.
„Den habe ich diesem Pferd extra anmessen lassen. Für die besondere Ausgefallenheit wurden rote Rubine und blaue Saphire aus den Minen des fernen Myanmar verarbeitet. Ich hoffe, auch der Reitsitz findet die Zustimmung meines Padischahs."
Sie führten die Pferde wieder über die Uferböschung hinauf auf den ausgetretenen staubigen Weg, den sie gekommen waren, und saßen auf. Die Pferde waren jetzt ruhiger geworden, und sie ritten im Schritt eine Zeit nebeneinander.
„Du hältst nichts von meiner Entscheidung, Mehmet auf den Thron zu setzen", stellte Murat übergangslos fest.
Çandarlı Halil kannte seinen Sultan zu genau, um zu widersprechen. Es hätte auch nichts genützt, war sich die Majestät allemal treu geblieben, die Meinung des Padischahs und Kalifen durchzusetzen.
„Nie könnte ich so vermessen sein", hörte sich der Großwesir sagen, „mich der erhabenen Weisheit meines Padischahs zu verschließen."
buchfinders ausnahme - 12. Mär, 11:42
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