Der Fluch des Eunuchen, I.Kapitel/6.Abschnitt
Stimmung: gut, da Kassik-Radio mich unterhält...
I. Kapitel/6.Abschnitt
Edirne im Sommer 1444
An einem mit Goldfäden verzierten Führstrick hielt einer der Stallsklaven Çandarlı Halils die unruhig tänzelnde Stute. Bayaad almaas hatte ihren Kopf aufgeworfen und witterte die Umgebung. Die aufgestülpten Nüstern zeugten von der wachen Aufgeregtheit. Der kleine, zierliche Körper, der kurze Rücken und die kräftigen, trockenen Beine erweckten augenblicklich das Vertrauen des Padischahs in die Ausdauer des Tieres. Der Hals der Stute war rehartig geformt. Der feine, kleine Gazellenkopf verjüngte sich zu den Nüstern hin. Araber gelten als die schönsten und edelsten Pferde, denn mit ihren Hechtköpfen und den großen, geformten Nüstern sind sie der Stolz jedes arabischen Mannes. Kaiserliche Majestäten waren da nicht ausgenommen.
Ein Stück weiter tobte Zamzamah - Wirbel aus Feuer -, der schwarze Hengst Çandarlı Halils. In seiner Aufregung, die der weiße Diamant unzweifelhaft bei ihm auslöste, hatte er seinen Schlauch ausgefahren und stieß ein wildes Schnauben aus. Es benötigte zweier Stallbediensteter ihn zu halten, als er aufstieg und mit den Vorderhänden nach den Männern trat, um loszukommen.
Çandarlı Halil redete beruhigend auf ihn ein. Die Worte seines Herrn schienen den schwarzen Teufel zu beruhigen. Er spitzte die Ohren und stieg nicht mehr. Çandarlı Halil trat an ihn heran und klopfte ihm beruhigend den Hals.
„Es wäre mir zu aufwändig, ein solch unbändiges Pferd in einer Schlacht zu reiten", gab der Sultan zu bedenken. „Ein Prachtstück ist er aber allemal!"
Dann fiel sein Blick auf den Sattel, der Bayaad almaas aufgelegt war. Er selbst besaß mehrere sehr unterschiedliche Sättel. Die Reitsitze für den Krieg unterschieden sich von denen, die er zur Repräsentation benutzte. Einen so reich mit gehämmerten Goldplatinen und Edelsteinen besetzten Sattel hatte aber selbst sein Stall nicht aufzubieten.
„Was für einen wundervollen Sitz hast du da auflegen lassen?", fragte der Sultan, wohl wissend, dass die Geschenke seines Großwesirs immer etwas Besonders darstellten. Und so war es auch dieses Mal. Çandarlı Halil hatte vom besten Sattler Edirnes einen Sattel auf Maß anfertigen lassen. Nichts, auch nicht der leiseste Druck, sollte diesem edlen Tier im Weg sein, beste Leistungen zu erbringen, um dem Sultan zu zeigen, dass es seinen Namen nicht zu Unrecht trug.
„Es ist mehr als recht, meinem Padischah nur vom Besten zu geben, was der Markt hergibt." Çandarlı Halil legte die Hand aufs Herz und verbeugte sich artig.
Was für eine Ratte, dachte Bilâl misstrauisch, der den Redewendungen des Großwesirs aufmerksam gefolgt war. Ihm war diese Art der Anbiederung zu viel des Guten.
Neben dem Hengst des Großwesirs standen einige der Eunuchen der persönlichen Wache des Herrschers und schauten interessiert auf das Schauspiel, das ihnen die beiden feurigen Rösser boten.
Der Akağa Taylan kam auf sie zu und befahl sechs Männern, vorsorglich ihre Pferde zu satteln. Falls der Padischah, und damit rechnete der Akağa, der seinen Herrn durchaus kannte, spontan einen Ausritt anordnete.
„Habt ihr nicht Lust, mein Padischah, diesen Sattel auszuprobieren?", fuhr der Großwesir fort.
„Den Sattel?", Murat lachte schallend auf. „Die Stute will ich ausprobieren!"
Als er aufsaß, kamen, wie von Akağa Taylan angeordnet, die Soldaten der Hohen Pforte auf ihren Pferden. Auch Çandarlı Halil bestieg nun seinen schwarzen Hengst.
Am Ausgangstor machten die Kapikulu den Weg frei, um die Kavalkade durchzulassen. Doch der Sultan hob die Hand und der Trupp hielt an. Er winkte den Ağa zu sich heran und befahl der Truppe, zu den Ställen zurückzukehren.
Dann nickte er Çandarlı Halil zu, und die beiden passierten die Sicherungskette des Palastes. Bis zum Konak des Großwesirs, der nur wenige Steinwürfe vom Palast des Sultans entfernt war und an Prächtigkeit der kaiserlichen Unterkunft in nichts nachstand, ritten sie im Schritt. Doch dann erhöhte die kaiserliche Majestät den Schenkeldruck um eine Kleinigkeit, und Bayaad almaas zog sofort gewaltig an. Der Hengst Çandarlı Halils fühlte sich herausgefordert, und so preschten die beiden Pferde, eine dicke Staubwolke hinter sich herziehend, nach Osten in Richtung der Flüsse Tunça und Maritza.
Copyright aller Inhalte © George Tenner
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I. Kapitel/6.Abschnitt
Edirne im Sommer 1444
An einem mit Goldfäden verzierten Führstrick hielt einer der Stallsklaven Çandarlı Halils die unruhig tänzelnde Stute. Bayaad almaas hatte ihren Kopf aufgeworfen und witterte die Umgebung. Die aufgestülpten Nüstern zeugten von der wachen Aufgeregtheit. Der kleine, zierliche Körper, der kurze Rücken und die kräftigen, trockenen Beine erweckten augenblicklich das Vertrauen des Padischahs in die Ausdauer des Tieres. Der Hals der Stute war rehartig geformt. Der feine, kleine Gazellenkopf verjüngte sich zu den Nüstern hin. Araber gelten als die schönsten und edelsten Pferde, denn mit ihren Hechtköpfen und den großen, geformten Nüstern sind sie der Stolz jedes arabischen Mannes. Kaiserliche Majestäten waren da nicht ausgenommen.
Ein Stück weiter tobte Zamzamah - Wirbel aus Feuer -, der schwarze Hengst Çandarlı Halils. In seiner Aufregung, die der weiße Diamant unzweifelhaft bei ihm auslöste, hatte er seinen Schlauch ausgefahren und stieß ein wildes Schnauben aus. Es benötigte zweier Stallbediensteter ihn zu halten, als er aufstieg und mit den Vorderhänden nach den Männern trat, um loszukommen.
Çandarlı Halil redete beruhigend auf ihn ein. Die Worte seines Herrn schienen den schwarzen Teufel zu beruhigen. Er spitzte die Ohren und stieg nicht mehr. Çandarlı Halil trat an ihn heran und klopfte ihm beruhigend den Hals.
„Es wäre mir zu aufwändig, ein solch unbändiges Pferd in einer Schlacht zu reiten", gab der Sultan zu bedenken. „Ein Prachtstück ist er aber allemal!"
Dann fiel sein Blick auf den Sattel, der Bayaad almaas aufgelegt war. Er selbst besaß mehrere sehr unterschiedliche Sättel. Die Reitsitze für den Krieg unterschieden sich von denen, die er zur Repräsentation benutzte. Einen so reich mit gehämmerten Goldplatinen und Edelsteinen besetzten Sattel hatte aber selbst sein Stall nicht aufzubieten.
„Was für einen wundervollen Sitz hast du da auflegen lassen?", fragte der Sultan, wohl wissend, dass die Geschenke seines Großwesirs immer etwas Besonders darstellten. Und so war es auch dieses Mal. Çandarlı Halil hatte vom besten Sattler Edirnes einen Sattel auf Maß anfertigen lassen. Nichts, auch nicht der leiseste Druck, sollte diesem edlen Tier im Weg sein, beste Leistungen zu erbringen, um dem Sultan zu zeigen, dass es seinen Namen nicht zu Unrecht trug.
„Es ist mehr als recht, meinem Padischah nur vom Besten zu geben, was der Markt hergibt." Çandarlı Halil legte die Hand aufs Herz und verbeugte sich artig.
Was für eine Ratte, dachte Bilâl misstrauisch, der den Redewendungen des Großwesirs aufmerksam gefolgt war. Ihm war diese Art der Anbiederung zu viel des Guten.
Neben dem Hengst des Großwesirs standen einige der Eunuchen der persönlichen Wache des Herrschers und schauten interessiert auf das Schauspiel, das ihnen die beiden feurigen Rösser boten.
Der Akağa Taylan kam auf sie zu und befahl sechs Männern, vorsorglich ihre Pferde zu satteln. Falls der Padischah, und damit rechnete der Akağa, der seinen Herrn durchaus kannte, spontan einen Ausritt anordnete.
„Habt ihr nicht Lust, mein Padischah, diesen Sattel auszuprobieren?", fuhr der Großwesir fort.
„Den Sattel?", Murat lachte schallend auf. „Die Stute will ich ausprobieren!"
Als er aufsaß, kamen, wie von Akağa Taylan angeordnet, die Soldaten der Hohen Pforte auf ihren Pferden. Auch Çandarlı Halil bestieg nun seinen schwarzen Hengst.
Am Ausgangstor machten die Kapikulu den Weg frei, um die Kavalkade durchzulassen. Doch der Sultan hob die Hand und der Trupp hielt an. Er winkte den Ağa zu sich heran und befahl der Truppe, zu den Ställen zurückzukehren.
Dann nickte er Çandarlı Halil zu, und die beiden passierten die Sicherungskette des Palastes. Bis zum Konak des Großwesirs, der nur wenige Steinwürfe vom Palast des Sultans entfernt war und an Prächtigkeit der kaiserlichen Unterkunft in nichts nachstand, ritten sie im Schritt. Doch dann erhöhte die kaiserliche Majestät den Schenkeldruck um eine Kleinigkeit, und Bayaad almaas zog sofort gewaltig an. Der Hengst Çandarlı Halils fühlte sich herausgefordert, und so preschten die beiden Pferde, eine dicke Staubwolke hinter sich herziehend, nach Osten in Richtung der Flüsse Tunça und Maritza.
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buchfinders ausnahme - 8. Mär, 07:29
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